Die Einführung eines Compliance Managementsystems muss weder aufwendig noch theoretisch sein
- Falko Junge

- 18. Juli
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 1. Sept.
Compliance hat ein Imageproblem. Für viele klingt es nach Paragrafenreiterei, Bürokratie und unnötigem Mehraufwand – also nach allem, was Unternehmen vermeiden wollen.
Besonders im Mittelstand hält sich hartnäckig der Glaube: „Das ist doch nur was für Konzerne.“

Doch die Realität ist eine andere: Schon kleine Versäumnisse können enorme Folgen haben – rechtlich, finanziell und reputativ.
Vorstände und Geschäftsführende tragen eine persönliche und teilweise sogar strafrechtliche Haftung. Dies gilt selbst bei Organisationsverschulden.
Ein funktionierendes Compliance Managementsystem (CMS) schützt vor genau diesen Risiken. Und das Beste: Es geht einfacher, schlanker und praxisnäher, als viele denken.
So gelingt der Einstieg
Viele Unternehmen wissen, dass sie handeln müssen – aber nicht wie. Gerade im Mittelstand fehlt oft nicht der Wille, sondern ein klarer und praktikabler Einstiegspunkt.
Unsere Erfahrung zeigt: Dafür braucht es kein juristisches Großprojekt, sondern einen strukturierten Fahrplan, der zur Unternehmensrealität passt. Die folgende Grafik visualisiert unser bewährtes Vorgehen – verständlich, übersichtlich und auf die Praxis mittelständischer Unternehmen zugeschnitten.

Anforderungen – den Rahmen abstecken

Zu Beginn steht die systematische Erfassung aller relevanten Anforderungen: gesetzliche Vorgaben, regulatorische Pflichten, interne Richtlinien sowie branchenspezifische Standards.
Gleichzeitig sollten unternehmensspezifische Compliance-Ziele definiert werden – etwa die Reduktion persönlicher Haftungsrisiken, mehr Transparenz oder die klare Zuweisung von Verantwortlichkeiten.
Ziel: Ein gemeinsames Verständnis dafür, welche Vorgaben gelten – und welche konkreten Ziele mit dem CMS verfolgt werden sollen.
Risikoanalyse – potenzielle Schwachstellen erkennen

Im nächsten Schritt folgt die Compliance-Risikoanalyse. Dabei werden mögliche Regelverstöße entlang der bestehenden Geschäftsprozesse identifiziert und priorisiert.
Ist bereits ein Risikomanagementsystem vorhanden, kann die Analyse nahtlos integriert werden – Synergien werden genutzt, Doppelstrukturen vermieden.
Ziel: Ein nachvollziehbares Risikoprofil, das als Entscheidungsgrundlage für wirksame Maßnahmen dient.
Organisation –Zuständigkeiten klären

Für ein funktionierendes CMS ist eine klare Organisation entscheidend. Dazu gehören definierte Rollen, klare Zuständigkeiten und ggf. Gremien für Steuerung, Umsetzung und Kontrolle.
Typische Elemente sind z. B. zentrale oder dezentrale Compliance-Beauftragte, definierte Eskalationsstufen oder ein internes Kontrollgremium.
Ziel: Verbindlichkeit schaffen – damit Aufgaben nicht im Unklaren bleiben und Compliance gesteuert werden kann.
Richtlinien & Prozesse – Inhalte verständlich gestalten

Im Anschluss werden die inhaltlichen Elemente des CMS ausgearbeitet: Richtlinien, Anweisungen und Prozesse, die den relevanten Anforderungen entsprechen und im Arbeitsalltag umsetzbar sind.
Dazu gehören unter anderem:
ein Hinweisgeberverfahren
Regelungen zur Korruptions- und Geldwäscheprävention
Standards zu Interessenkonflikten, Spenden oder Sponsoring
ein Verfahren zum Umgang mit Verdachtsfällen (Case Management)
Ziel: Verbindliche Vorgaben, die zur Unternehmenskultur passen – und im Alltag praktikabel sind.
Integration – Compliance in den Arbeitsalltag bringen

Im letzten Schritt wird das CMS in bestehende Abläufe integriert. Dabei steht nicht der Aufbau zusätzlicher Bürokratie im Fokus, sondern die sinnvolle Verankerung von Verantwortlichkeiten, Kontrollen und Kommunikation in die vorhandenen Prozesse.
Optional kann das System auf eine spätere externe Zertifizierung – etwa nach ISO 37301 – ausgerichtet werden.
Ziel: Ein CMS, das nicht neben dem Tagesgeschäft existiert – sondern darin wirksam wird.
Fazit
Compliance ist kein bürokratischer Selbstzweck. Sie schützt Unternehmen vor rechtlichen und finanziellen Risiken, schafft Verbindlichkeit und stärkt die Organisation – gerade dort, wo die Strukturen nicht von selbst tragen.
Die drei zentralen Erkenntnisse aus diesem Beitrag lassen sich klar zusammenfassen:
Compliance ist kein Mehraufwand – sondern ein Schutzmechanismus.
Gerade kleine und mittlere Unternehmen profitieren von einem funktionierenden CMS, das Haftung reduziert und Verantwortung klärt.
Komplexität lässt sich mit Struktur beherrschen.
Wer Anforderungen, Risiken und Zuständigkeiten systematisch organisiert, bleibt handlungsfähig – auch im regulatorischen Wandel.
Ein guter Start braucht keine Perfektion – sondern Klarheit und Handlung.
Ein schlanker, praxisnaher Einstieg ist jederzeit möglich – mit dem Mut zur Umsetzung und einem klaren Fahrplan.
Wer Compliance als Werkzeug versteht, wird feststellen: Sie entlastet mehr, als sie fordert. Und sie wirkt – wenn man sie strukturiert anwendet.
Über den Autor

Falko Junge
Ich verstehe mich als Generalist mit Wurzeln im Risikomanagement, der Strategieberatung und der Compliance-Beratung. Mich motivieren Aufgaben, die unternehmerisches Denken und ein tiefes Verständnis für betriebliche Abläufe erfordern — fernab von rein formalem Haken-Setzen.
Ich liebe es, mit interaktiven Formaten und praxisnaher Methodik Kundenteams zu befähigen, eigene Lösungen zu entwickeln und Compliance im Alltag wirksam zu leben.
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